Es ist alles da!

Wiederverwendung von Bauteilen

Öffentliche Diskurs über die Nachhaltigkeit

Im öffentlichen Diskurs um Ernährung und Mobilität schwingt seit vielen Jahren die Besorgnis über zukünftige Rahmenbedingungen und die planetaren Grenzen mit. Im Bauen beschränkte sich der öffentliche und fachliche Diskurs bisher vor allem auf die Gebrauchsenergie – ein Gebiet welches heute durch Fachplaner:innen wie Bauphysiker:innen und Gebäudetechniker:innen bearbeitet wird. Die Frage nach den verwendeten Materialien für ein Gebäude und der darin enthaltenen Grauen Energie stellte lange niemand. Dabei ist alleine die Zementproduktion für 8% der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich. Die Anzahl der verwendeten Materialien und ihre Komplexität hat seit der Industrialisierung stetig zugenommen. Dabei kommen Materialien zum Einsatz, die später als Sondermüll auf Deponien und in Abfallverbrennungsanlagen enden. Gleichzeitig steigen die Wohnflächen pro Person stetig an. Es wird gebaut und gebaut – und abgerissen.

Abfallproblematik in der Schweiz

Gebäude sind für rund 40 Prozent des Energieverbrauchs der Schweiz verantwortlich. Während die Betriebsenergie im Gebäudesektor in den letzten Jahrzehnten viel Aufmerksamkeit erhalten hat, wurde die Betrachtung der Grauen Energie in der Diskussion vernachlässigt. Hier besteht Handlungsbedarf, denn die Schweiz ist eine der grössten Abfallproduzentinnen der Welt.

Das Thema der Wiederverwendung von Bauteilen ist in der Schweiz hochbrisant, denn zwei Drittel des produzierten Abfalls entstehen durch die Erneuerung des Immobilienbestandes. Durch den Umbau und den Rückbau von Gebäuden fallen laut einer Statistik des Bundesamts für Umwelt jährlich rund 17 Millionen Tonnen an Material an. Davon werden wiederum zwei Drittel in einen Recyclingprozess überführt.

Wiederverwendung von Bauteilen

Um das Zukunftsszenario einer marktfähigen Wiederverwendung von Bauteilen zu etablieren, ist es notwendig, die Eigenheiten und Herausforderungen der Wiederverwendung unterschiedlichen Zielgruppen näher zu bringen und einen Wissensaustausch zu ermöglichen. Die Wiederverwendung von Bauteilen kann durch einen ressourcenschonenden Einsatz von Baumaterialien auf zukünftige Herausforderungen im Bereich des Bauens reagieren und zur Neuaushandlung der Beziehung zwischen Mensch und Umwelt beitragen.

Wiederverwendung vs. Recycling

Die Wiederverwendung (reuse) von Bauteilen in der Bauwirtschaft hat gegenüber dem Recycling mehrere Vorteile, welche eng verbunden sind mit den verschiedenen Aspekten der Nachhaltigkeit. Sie hat das ökologische Potenzial, um Abfall, Rohstoffabbau, Graue Energie und CO2-Emissionen zu reduzieren. Weiter schafft sie einen sozialen und ökonomischen Mehrwert durch die Nachfrage nach lokalen Arbeitsplätze, sie erhält kulturelle Praktiken, wie die Handwerkskunst und das damit verbunden Know-how. Letztendlich bleibt auch das Bauteil als solches erhalten und kann als neue Tür, Fenster oder vorgehängte Fassade wieder eingebaut werden.

Herausforderungen der Wiederverwendung von Bauteilen

Trotz dieser Vorteile gibt es einige Hürden bei der Etablierung von Wiederverwendung (reuse) als tägliche Praxis im Bauen. Neben dem erschwerten Einhalten technischer Standards sind logistische Probleme durch Unterschiede zwischen der Nachfrage nach Bauteilen und dem vorhandenen Angebot ein Hindernis. Weiter fallen Zusatzkosten durch Demontage, Anpassungen und Lagerung an. Ebenfalls nicht zu vernachlässigen sind die etablierten, von allen Beteiligten mitgetragenen, Bauprozess und eine noch zu kleine Anzahl von realisierten Projekten.

Zwischen unserem Berufsalltag und der Notwendigkeit, innerhalb der planetaren Grenzen zu leben (und zu bauen), besteht eine grosse Diskrepanz. Für jede:n einzelne:n aus unserem Kollektiv hat sich die persönliche Notwendigkeit und der Wille entwickelt, nicht mehr so weiter zu bauen. Sondern Lösungen zu finden für eine Architektur von morgen.

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